Wir haben nachgefragt - die Antwort aus dem Landratsamt
In der Gemeinde Berg wird derzeit hitzig diskutiert. Es geht um die Unterbringung neuer Flüchtlinge in diesem Jahr. Alle sind verunsichert - viele wollen helfen, manche wollen es nicht, manche hätten gerne eine nachhaltigere Planung, andere verstehen nicht, warum man sich nicht einfach weigert.
Was müssen, können, dürfen wir? Die QUH schickte Landrat Karl Roth gestern Abend folgende Grundsatzfragen:
Sehr geehrter Herr Landrat, lieber Herr Roth,
in der Gemeinde Berg werden gerade Grundstücke für die Errichtung einer vom Landratsamt angeschafften Holzhalle sowie für den Bau eines Wohnungsprojekts für den Verband Wohnen gesucht. In der Bevölkerung herrscht Verunsicherung. An uns wurden viele Fragen herangetragen, die wir zur Veröffentlichung gerne an Sie weiterleiten würden.
1) Die Bürgermeister im Landkreis haben eine Verteilung der ankommenden Flüchtlinge nach dem Königsteiner Schlüssel vereinbart. Könnten einzelne Gemeinden theoretisch einfach ausscheren?
2) Berg hat sich bereits für die Ausweisung eines Grundstücks für eine Halle gemeldet. Angenommen, das wäre nicht passiert - was wäre dann zu erwarten? Würden dann die Flüchtlinge kommen, ohne dass eine Unterbringung gesichert wäre? Gäbe es Alternativen?
3) Vielen Anwohnern macht die Anzahl der zu erwartenden Gäste Sorgen - ließe sich auch eine dezentrale Unterbringung in kleinen Einheiten realisieren?
Herr Roth schickte uns eine ausführliche Antwort, formuliert von Stefan Derpa, dem zuständigen Leiter des Leiter des Geschäftsbereiches
Öffentliche Sicherheit und Ordnung. Er schreibt uns:
Sehr geehrte, liebe Frau Link,
Landrat Karl Roth dankt Ihnen herzlich für Ihre Anfrage und Ihr Engagement in der Thematik. Wir halten es für wichtig, dass Landratsamt und Kommunalpolitik in der aktuellen schwierigen Situation gemeinsam bei den Menschen vor Ort für Verständnis werben und unsere Lage und Handlungszwänge erklären. Für das gute Miteinander möchten wir Ihnen und sämtlichen Entscheidungsträgern in der Gemeinde Berg danken. Aus diesem Geist des Miteinanders ergibt sich auch unser inhaltlicher Standpunkt zu den Fragen:
Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Landkreis Starnberg und der Landrat haben sich darauf geeinigt, die nach den Vorgaben des Freistaats im Landkreis unterzubringenden Asylbewerber in etwa proportional zur Einwohnerzahl auf die Gemeinden zu verteilen. Dabei ist allen Beteiligten klar, dass diese Idealverteilung nur eine Richtschnur insb. für die Neubauvorhaben im Landkreis sein kann. Eine mathematisch exakte und starre Ausrichtung daran ist schon mit Blick auf die Größe der neuen Unterkünfte ausgeschlossen. Deswegen werden wir immer wieder zwingend auf Gemeinden angewiesen sein, die vorangehen und über ihr aktuelles Aufnahmesoll hinaus Asylbewerber aufnehmen, so wie es jetzt schon viele Gemeinden im Landkreis dankenswerter Weise tun. Zudem sollten wir in der Diskussion um neue Unterkünfte berücksichtigen, dass wir einen langen Planungsvorlauf haben und voraussichtlich auch über 2016 hinaus Unterkünfte schaffen müssen. Die konkreten Zahlen für den Gemeinde-Proporz liegen zwischen 3 % (Inning, Feldafing, Andechs) und 18 % (Starnberg), die Quote für Berg beträgt 6 %.
Die Frage, ob einzelne Gemeinden aus dieser Linie ausscheren, hat sich für die Bürgermeister und den Landrat nicht gestellt. Eine feste Gemeindequote sieht das Recht aktuell zwar nicht vor. Zum einen ist jedoch in der Diskussion, im Zuge der Überarbeitung der sog. Asyldurchführungsverordnung den Landräten die Befugnis zu geben, Direktzuweisungen in einzelne Gemeinden vornehmen zu können. Zudem anderen dürfen wir nicht vergessen, dass wir in der aktuellen Lage vielfach nach Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts handeln müssen: Bevor die Menschen im Freien schlafen, wird der Staat Notmaßnahmen treffen und dafür dann doch auf die Gemeinden und insbesondere gemeindliche Turnhallen zurückgreifen müssen. Das wollen wir im Landkreis Starnberg nicht und haben uns deshalb entschieden, dass wir alle in einem Boot sitzen und die Probleme solidarisch lösen. Insbesondere das Konzept der Hallen folgt der Logik „Bevor wir weitere gemeindliche Turnhallen belegen müssen, bauen wir unsere eigenen Hallen“.
Mit Blick darauf bitten wir die Gemeinde Berg darum, die Errichtung einer Halle zu ermöglichen. Nach unserer Prognose fehlen in Berg bis Ende des Jahres etwa 100 - 120 Plätze. Bauliche Alternativen sehen wir nicht, insbesondere sind Container nicht ausreichend und schnell genug verfügbar. Eine Halle soll 120 Personen Platz bieten, ist in zwei Schlafbereiche und einen großzügigen Aufenthaltsbereich mit raumhohen Wänden untergliedert und mit einem traufseitig angebauten Koch- und Waschhaus ergänzt. Die lärchenholzverschalte und mit roten Ziegeln gedeckte Halle wird mit 160 mm Wärmedämmung, einer 3 m breiten Firstverglasung und umlaufenden Fensterbändern versehen. Geheizt wird die Halle mit Gas.
Eine Unterbringung in kleineren Einheiten ist unter den aktuellen Bedingungen, insbesondere mit Blick auf die aktuelle wöchentliche Zuweisung, leider ausgeschlossen. Auf dem Wohnungsmarkt können wir unseren Bedarf nicht decken. Und eine Aufteilung der geplanten Kapazitäten in mehrere kleinere Bauvorhaben scheitert schon daran, dass wir im Landratsamt unsere Ressourcen im Moment effizient einsetzen und bündeln müssen, bei einer Vielzahl von Vorhaben steigt der Aufwand aber erfahrungsgemäß überproportional. Dafür fehlen uns aktuell die Ressourcen, zudem würden wir voraussichtlich auch nicht die benötigte Anzahl an geeigneten Grundstücken finden.
Wir danken herzlich für die schnelle und ausführliche Antwort und bitten gleichzeitig um sachliche Kommentare.
Was müssen, können, dürfen wir? Die QUH schickte Landrat Karl Roth gestern Abend folgende Grundsatzfragen:
Sehr geehrter Herr Landrat, lieber Herr Roth,
in der Gemeinde Berg werden gerade Grundstücke für die Errichtung einer vom Landratsamt angeschafften Holzhalle sowie für den Bau eines Wohnungsprojekts für den Verband Wohnen gesucht. In der Bevölkerung herrscht Verunsicherung. An uns wurden viele Fragen herangetragen, die wir zur Veröffentlichung gerne an Sie weiterleiten würden.
1) Die Bürgermeister im Landkreis haben eine Verteilung der ankommenden Flüchtlinge nach dem Königsteiner Schlüssel vereinbart. Könnten einzelne Gemeinden theoretisch einfach ausscheren?
2) Berg hat sich bereits für die Ausweisung eines Grundstücks für eine Halle gemeldet. Angenommen, das wäre nicht passiert - was wäre dann zu erwarten? Würden dann die Flüchtlinge kommen, ohne dass eine Unterbringung gesichert wäre? Gäbe es Alternativen?
3) Vielen Anwohnern macht die Anzahl der zu erwartenden Gäste Sorgen - ließe sich auch eine dezentrale Unterbringung in kleinen Einheiten realisieren?
Herr Roth schickte uns eine ausführliche Antwort, formuliert von Stefan Derpa, dem zuständigen Leiter des Leiter des Geschäftsbereiches
Öffentliche Sicherheit und Ordnung. Er schreibt uns:
Sehr geehrte, liebe Frau Link,
Landrat Karl Roth dankt Ihnen herzlich für Ihre Anfrage und Ihr Engagement in der Thematik. Wir halten es für wichtig, dass Landratsamt und Kommunalpolitik in der aktuellen schwierigen Situation gemeinsam bei den Menschen vor Ort für Verständnis werben und unsere Lage und Handlungszwänge erklären. Für das gute Miteinander möchten wir Ihnen und sämtlichen Entscheidungsträgern in der Gemeinde Berg danken. Aus diesem Geist des Miteinanders ergibt sich auch unser inhaltlicher Standpunkt zu den Fragen:
Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Landkreis Starnberg und der Landrat haben sich darauf geeinigt, die nach den Vorgaben des Freistaats im Landkreis unterzubringenden Asylbewerber in etwa proportional zur Einwohnerzahl auf die Gemeinden zu verteilen. Dabei ist allen Beteiligten klar, dass diese Idealverteilung nur eine Richtschnur insb. für die Neubauvorhaben im Landkreis sein kann. Eine mathematisch exakte und starre Ausrichtung daran ist schon mit Blick auf die Größe der neuen Unterkünfte ausgeschlossen. Deswegen werden wir immer wieder zwingend auf Gemeinden angewiesen sein, die vorangehen und über ihr aktuelles Aufnahmesoll hinaus Asylbewerber aufnehmen, so wie es jetzt schon viele Gemeinden im Landkreis dankenswerter Weise tun. Zudem sollten wir in der Diskussion um neue Unterkünfte berücksichtigen, dass wir einen langen Planungsvorlauf haben und voraussichtlich auch über 2016 hinaus Unterkünfte schaffen müssen. Die konkreten Zahlen für den Gemeinde-Proporz liegen zwischen 3 % (Inning, Feldafing, Andechs) und 18 % (Starnberg), die Quote für Berg beträgt 6 %.
Die Frage, ob einzelne Gemeinden aus dieser Linie ausscheren, hat sich für die Bürgermeister und den Landrat nicht gestellt. Eine feste Gemeindequote sieht das Recht aktuell zwar nicht vor. Zum einen ist jedoch in der Diskussion, im Zuge der Überarbeitung der sog. Asyldurchführungsverordnung den Landräten die Befugnis zu geben, Direktzuweisungen in einzelne Gemeinden vornehmen zu können. Zudem anderen dürfen wir nicht vergessen, dass wir in der aktuellen Lage vielfach nach Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts handeln müssen: Bevor die Menschen im Freien schlafen, wird der Staat Notmaßnahmen treffen und dafür dann doch auf die Gemeinden und insbesondere gemeindliche Turnhallen zurückgreifen müssen. Das wollen wir im Landkreis Starnberg nicht und haben uns deshalb entschieden, dass wir alle in einem Boot sitzen und die Probleme solidarisch lösen. Insbesondere das Konzept der Hallen folgt der Logik „Bevor wir weitere gemeindliche Turnhallen belegen müssen, bauen wir unsere eigenen Hallen“.
Mit Blick darauf bitten wir die Gemeinde Berg darum, die Errichtung einer Halle zu ermöglichen. Nach unserer Prognose fehlen in Berg bis Ende des Jahres etwa 100 - 120 Plätze. Bauliche Alternativen sehen wir nicht, insbesondere sind Container nicht ausreichend und schnell genug verfügbar. Eine Halle soll 120 Personen Platz bieten, ist in zwei Schlafbereiche und einen großzügigen Aufenthaltsbereich mit raumhohen Wänden untergliedert und mit einem traufseitig angebauten Koch- und Waschhaus ergänzt. Die lärchenholzverschalte und mit roten Ziegeln gedeckte Halle wird mit 160 mm Wärmedämmung, einer 3 m breiten Firstverglasung und umlaufenden Fensterbändern versehen. Geheizt wird die Halle mit Gas.
Eine Unterbringung in kleineren Einheiten ist unter den aktuellen Bedingungen, insbesondere mit Blick auf die aktuelle wöchentliche Zuweisung, leider ausgeschlossen. Auf dem Wohnungsmarkt können wir unseren Bedarf nicht decken. Und eine Aufteilung der geplanten Kapazitäten in mehrere kleinere Bauvorhaben scheitert schon daran, dass wir im Landratsamt unsere Ressourcen im Moment effizient einsetzen und bündeln müssen, bei einer Vielzahl von Vorhaben steigt der Aufwand aber erfahrungsgemäß überproportional. Dafür fehlen uns aktuell die Ressourcen, zudem würden wir voraussichtlich auch nicht die benötigte Anzahl an geeigneten Grundstücken finden.
Wir danken herzlich für die schnelle und ausführliche Antwort und bitten gleichzeitig um sachliche Kommentare.
quh - 2016/02/10 15:52
Hallenbau
Die Hallen