Donnerstag, 11. September 2014

Die Fragen zur Windkraft - die Antworten … Pt. 2 der Ertrag

Die QUH hatte bei den Bürgern Fragen zur Windkraft gesammelt und an den Windkraftbeauftragen der Gemeinde, Herrn Sing weitergeleitet. Wir veröffentlichen seine ausführlichen Antworten heute und morgen. Die Antworten zur Finanzierung finden sich im unten stehenden Artikel:
http://quh.twoday.net/stories/fragen-zur-windkraft-die-anworten/

Uns haben natürlich auch anonym gestellte Fragen erreicht. Obwohl wir es absurd finden, Fragen von Menschen, die sich nicht einmal trauen ihren Namen zu nennen, weiterzuleiten, haben wir bei den folgenden Fragen unseres Lesers „GAST“ zum erwarteten Ertrag der Anlagen eine Ausnahme gemacht, weil sie uns doch von allgemeinem Interesse schienen:


Hier wird ernst gemacht: Antransport der ersten Bauteile einer WKA in Lamerdingen

Frage: Ist eine WKA bei 5.1m/s nach den neuen EEG Vergütungen noch wirtschaftlich zu betreiben, wenn man eine Nutzungsdauer von 20 Jahren unterstellt? Können Sie dazu einmal eine grobe Planrechnung veröffentlichen?

Robert Sing: "Ich gehe davon aus, dass Sie mit 5,1 m/s die mittlere Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe (ca. 140 m bis 150 m) meinen. Nein, bei 5,1 m/s mittlerer Windgeschwindigkeit und der für unsere Breiten charakteristischen Verteilung der Windgeschwindigkeiten sowie der aktuellen EEG-Vergütungssätze wäre kein wirtschaftlicher Betrieb möglich. Für einen Standort mit nur 5,1 m/s in Nabenhöhe liegt mir kein Ertragsgutachten vor. Da wir keine Ertragsgutachten erstellen, kann ich hierzu keine Berechnungen bzw. keine „groben Planrechnung“ vornehmen. Der Jahresertrag aller gängigen Binnenland-WEA-Typen wäre mit großer Wahrscheinlichkeit zu gering, um diese wirtschaftlich betreiben zu können. Am Standort Wadlhauser Gräben ist – gem. den vorliegenden Ertragsgutachten und der ausgeführten Windmessung – auf 150 m Höhe über Grund von einer mittleren Windgeschwindigkeit von ca. 5,9 bis 6,0 m/s auszugehen. Auch die den Berechnungen zu Grunde gelegten Langzeit-Betriebsdaten (über 10 Jahre) der vier ca. 50 km westlich situierten WEAs, mit Nabenhöhen von jeweils nur ca. 100 m zeigen, dass am Standort Wadlhauser Gräben höhere mittlere Windgeschwindigkeiten erreicht werden."


Die ersten Teile der WKA kommen am Bauplatz an

Frage 2 Woran liegt es, dass so viele Windparks die vorher berechneten Ertragsprognosen nicht erreichen? Kann es sein, dass nicht die durchschnittliche Windgeschwindigkeit sondern eher die unterstellten produktiven Stunden pro Jahr das Problem sind?

Robert Sing: "Der Hauptgrund liegt m.E. daran, dass in der Vergangenheit die Ertragsgutachten zu optimistisch erstellt wurden. Hinzu kommt noch, dass in den vergangenen 10 Jahren generell – verglichen mit den Langzeit-Winddaten – geringere Windgeschwindigkeiten herrschten. Die oftmals nicht erreichten prognostizierten Erträge führten dazu, dass die akkreditierten Gutachterbüros heutzutage die Ertragsprognosen deutlich konservativer anstellen als noch vor ca. drei bis fünf Jahren. Auch die finanzierenden Banken haben hier Druck auf den für die Berechnungsverfahren maßgeblichen Windgutachterbeirat ausgeübt, um verlässlichere Finanzierungsgrundlagen zu erhalten. Stellt doch das Ertragsgutachten die grundlegende Basis für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung dar.
In einem Ertragsgutachten sind auch – über die Verteilung der vorherrschenden Windgeschwindigkeiten am jeweiligen Standort – die zugehörigen Zeiten enthalten. Die produktiven Stunden pro Jahr ergeben sich aus den Zeiten, in denen die Windgeschwindigkeit für die Stromerzeugung ausreichend ist und zugleich die WEA betriebsbereit sind. Durch langfristige Wartungsverträge mit einer garantierten Mindestverfügbarkeit von 97 % wird sichergestellt, dass die Anlagen bei entsprechendem Wind (ab ca. 3 m/s) auch Strom produzieren und einspeisen."

Frage 3: Stimmt es, dass grundlastfähigen Betreibern hohe Prämien für das schnelle Abschalten ihrer Anlagen gezahlt werden, wenn Wind und Sonne plötzlich mehr als geplant einspeisen?

Robert Sing: "Unser Stromnetz muss ständig im Gleichgewicht gehalten werden. D.h. es muss ständig so viel Strom eingespeist werden, wie auch von den verschiedenen Verbrauchern (Industrie, Privathaushalte etc.) aus dem Netz bezogen wird. Durch die Zunahme der regenerativen Stromerzeugung, verbunden mit schwankenden Stromeinspeisungen, gewannen kurzfristig start- bzw. regelbare Kraftwerke zunehmend an Bedeutung. Diese bestehen vornehmlich aus Pumpspeicher- und schwellbetriebsfähigen Laufwasserkraftwerken sowie aus Gas- und auch Kernkraft- und Kohlekraftwerken, die teils einen Anteil an positiver und negativer Leistung anbieten können. Betreiber, die regelbare Kraftwerkskapazitäten für die Ausregelung der Netzschwankungen zur Verfügung stellen, nehmen an eigens hierfür existierenden Ausschreibungen teil (siehe www.regelleistung.net). Die Preise für die Ausgleichsleistung bzw. –arbeit sind in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Zum Vergleich: Für den Monat September 2008 wurde für die einmonatige Bereitstellung von plus/minus einem Megawatt (MW) Leistung am Primärregelmarkt noch ca. 17.000,- € bezahlt. Im September 2014 ist dasselbe Regelband am Primärregelmarkt nur noch rund 12.000 € wert (3.000 € je Woche mal 4) wert. Zeitgleich stieg der Anteil der Erneuerbaren Energien (Haupttreiber war die Windenergie) an der Nettostromerzeugung in Deutschland von 15 % in 2008 auf 25 % in 2013 an (BDEW). Die Regelenergie wird in Deutschland von den vier Übertragungsnetzbetreibern bezogen und über Umlagen an die Endverbraucher weiterberechnet. Die Übertragungsnetzbetreiber bilden dadurch die Schnittstelle zwischen Energieerzeugern und Verbrauchern."

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Morgen - wie versprochen - der 3. Teil der Fragen und Antworten. Herr Sing legt dabei u.A. offen, wieviel Geld er persönlich in von ihm verantwortete Windkraftanlagen investiert hat. - Unten stehen die Antwort auf die Fragen zur Finanzierung.

Fragen zur Windkraft - die Antworten

Montag in einer Woche wird der Berger Gemeinderat in einer Sondersitzung diskutieren, ob das Windkraft-Projekt definitiv angepackt wird und wenn ja, in welcher Form. Bei der CSU scheint die Zustimmung etwas zu bröckeln. Heute hat man "Auf der Lüften" in Farchach zu einem Vortrag eines atomkraftgläubigen Bürgers geladen. Die QUH hatte bei den Bürgern Fragen zur Windkraft gesammelt und an den Windkraftbeauftragen der Gemeinde, Herrn Sing weitergeleitet. Wir veröffentlichen seine ausführlichen Antworten heute und morgen.


Aktuell: Bau einer WKA bei Lamerdingen durch das Ing. Büro Sing

1. Karl M. aus Berg (Namen sind bekannt) hat vor allem der finanzielle Aspekt interessiert. Er fragte: „Vorausgesetzt das notwendige Kapital muss von einer Gemeinde-GmbH & Co.KG aufgebracht werden: Um wie viele Millionen geht es dann? Hat schon jemand bei einer Bank angefragt ? Welche Sicherheiten kann eine GmbH & Co. KG bieten?“

Die Antworten zu Frage 1:
Robert Sing: "Wenn das Kapital von z.B. von einer „Windkraft Berg GmbH & Co. KG“ oder einer ähnlichen Betreibergesellschaft aufgebracht wird, sollte die Eigenkapitalquote ca. 30 % betragen, um eine konservative Projektfinanzierung aufzustellen. Bei dieser EK-Quote ist über die gesamte Finanzierungslaufzeit eine ausreichende Kapitaldeckung (Kapitaldeckungsgrad größer 110 %) gegeben.
Von Seiten der Banken werden derzeit EK-Quoten von ca. 10 % bis 15 % gefordert. Bei einer angenommenen Gesamtinvestitionssumme von rund 22 Mio. € entspricht der 30%-EK-Anteil ca. 6,6 Mio. €. Dieser Anteil wäre dann für die Projektfinanzierung von den Kommanditisten/Genossen (z.B. Bürger, Energiegenossenschaften usw.) zu erbringen."

Zu Frage 2:
Robert Sing: "Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Gesamtprojektes über eine 20-jährige Laufzeit wurde bereits an zwei örtliche Banken mit der Bitte um Prüfung und Erstellung eines indikativen Finanzierungsangebots versandt. Die örtlichen Banken nehmen jeweils die zugehörigen Fachexperten für Windenergiefinanzierung der angegliederten Zentralbanken (z.B. DZ-Bank oder DKB) hinzu. Es liegt bereits ein erstes Finanzierungsangebot – vorbehaltlich einer Detailprüfung der noch offenen Punkte wie z.B. Gestattungs- und Dienstbarkeitsverträge, Kauf- und Wartungsverträge mit dem Anlagenhersteller etc. – vor."

Zu Frage 3:
Robert Sing: "Bei einer Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft (hier z.B. Windkraft Berg GmbH & Co. KG) ist die Haftung der beteiligten Personen stets auf die Höhe der jeweiligen Kapitaleinlage begrenzt. Um eine finanzielle Schieflage zu vermeiden, empfehlen wir eine deutlich höhere EK-Quote als von den Banken gefordert (30 % anstelle 10 %) sowie einen rund 15%-igen Abschlag vom Mittelwert der beiden Ertragsgutachten vorzunehmen. Damit kann sichergestellt werden, dass auch in windschwachen Jahren die erforderliche Liquidität existiert."

2. Daran anschließend fragte Elke G. aus Berg:
„Wie gut hat es bei früheren Projekten mit der Kalkulation geklappt? Konnte man innerhalb der geplanten Kosten bleiben?“

Robert Sing: "Bei dieser Frage verweise ich gerne auf das aktuellste Projekt der IB-Sing GmbH, das sich ca. 10 km nordwestlich von Landsberg a.L. in Ausführung befindet. Hier entstehen zwei Bürgerwindenergieanlagen der Bürgerwind Lamerdingen GmbH & Co. KG mit insgesamt rund 90 Kommanditisten, die hauptsächlich (ca. 70 Einzelpersonen) aus der Gemeinde Lamerdingen sowie der unmittelbaren Umgebung stammen. Die der Wirtschaftlichkeitsberechnung zugrunde gelegten Kosten werden aus heutiger Sicht über das Gesamtprojekt eingehalten. Die zu Projektbeginn schwer kalkulierbaren Kosten für ggfs. erforderliche Verbesserungsmaßnahmen des Baugrundes (z.B. Bodenaustausch und Rüttelstopfverdichtung) sind alle abgeschlossen, sodass die Einhaltung der prognostizierten Kosten aus heutiger Sicht bestätigt werden kann."

3. Georg H. aus Aufhausen vermutet:
„An einer WKA verdient nur derjenige, der nach der Pleite der ersten Betreibergesellschaft die Anlage billig aufkauft. Dafür gibt es Beispiele. Wie kann man so etwas verhindern?“

Robert Sing: "Mit einer hohen EK-Quote, verbunden mit einem hohen Kapitaldienstdeckungsgrad (größer 110%) sowie einem 15%-igen Abschlag zu den Ertragsgutachten wird die Projektfinanzierung konservativ aufgestellt. Zusätzlich ist es wichtig, sowohl die Investitionskosten als auch die Betriebskosten nicht zu knapp zu kalkulieren. Bei den Investitionskosten sind entsprechende Sicherheitszuschläge für noch nicht fest kalkulierbare, evtl. anfallende Kosten vorzunehmen. Hierzu zählen z.B. die Baumaßnahmen für die Gründungsvorbereitung. Bei den Betriebskosten sind Preissteigerungen sowohl für Personal- als auch für Materialkosten einzurechnen. Die von uns erstellte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung geht von einer konstanten Inflation von 2 % p.a. aus. Ebenfalls von Bedeutung ist die Höhe der Pachtzahlungen an den Grundstückseigentümer. Durch eine langfristig fixierte und moderate Pachthöhe, die über den gesamten Betrachtungszeitraum vertraglich mit den Bayerischen Staatsforsten festgelegt wurde, lassen sich diese Kosten sehr gut fassen. Bei den in Deutschland pleite gegangenen Betreibergesellschaften wurden die oben beschriebenen konservativen Ansätze nicht annähernd eingehalten."

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Den dritten Teil der Fragen und Antworten - jene , die Herrn Sings persönliches Engagement betreffen - veröffentlichen wir morgen. Die Fragen zum Ertrag, Teil 2 der Antworten, finden sich weiter oben:
http://quh.twoday.net/stories/die-fragen-zur-windkraft-die-antworten-pt-2-der-ertrag/

Die Antworten


Lamerdingen baut



Die Antworten auf die Fragen unserer Leser zur Windkraft, die wir an Herrn Sing geschickt haben, posten wir im Laufe des Tages. Vorab: Die Windkraft-Baustelle in Lamerdingen sieht so aus.

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