Der transatlantische Brückenbau
Von Allmannshausen nach New York
Der Allmannshauser Künstler Hans Panschar überquerte in zehn Tagen den Atlantik zwischen Hamburg und New York auf der Queen Mary II. Unterdessen baute er eine Brücke und verschickte Flaschenpost. Wir fragten ihn dazu.
QUH: Hans, wie kam es zu der Reise?
Hans Panschar: 2012 hatte ich eine größere Ausstellung in der Hamburger Hafencity mit maritimen und urbanen Skulpturen.
Damals wurde man von hanseatischer Seite auf meine Arbeiten aufmerksam, und einer dieser Kontakte führte schließlich zu dieser Einladung auf die QM2.
Bridging the gap
QUH: Du hast unterwegs eine Holzbrücke - Symbol für den Austausch, den Verkehr zwischen zwei Kontinenten - geschnitzt (gefeilt?). Normalerweise stellt man sich ja den künstlerischen Schaffensprozess klischeemäßig einsam vor. Wie war das, vor Publikum zu arbeiten? Konntest du vielleicht sogar eine Brücke zwischen dir und den Gästen auf dem Schiff herstellen?
Hans Panschar: Das war auch für mich ein Experiment. Letztendlich ist die Arbeit an einer Skulptur ein intimer Prozess, bei dem ich am liebsten alleine bin. Mit Zuschauern kann man sich da sehr schnell wie ein Krippenschnitzer auf dem Weihnachtsmarkt fühlen. Wir haben dieses Problem dann recht elegant gelöst. Die Skulptur hatte ich halbfertig bereits mit an Bord genommen, und dort habe ich nicht geschnitzt und nicht gefeilt, sondern geredet.
Auf einer großen Theaterbühne habe ich an Bord Geschichten zu dieser Skulptur, zu meiner Arbeit und meinem Leben in Berg und zu meinem Vorleben erzählt. Das war dann eher Impro-Theater und für mich auch absolutes Neuland, aber solche Reisen sind ja dazu da, um was Neues zu entdecken.
Auf der Bühne der Queen Mary 2: Hans Panschar
QUH: Und wo ist deine Brücke jetzt?
Hans Panschar: Diese Fahrt mit der QM2 war eine Leserreise der ZEIT mit Vorträgen zum Thema "Transatlantische Beziehungen". Deswegen auch die Brücke als verbindendes Symbol zwischen alter und neuer Welt.
Am letzten Tag auf See wurde sie versteigert, manche Gäste haben noch zusätzlich gespendet, und die ZEIT hat den Betrag dann noch mal verdoppelt. Der Gesamterlös kommt jeweils zur Hälfte einem sozialen Projekt für Kinder und Jugendliche in Hamburg bzw. in New York zugute. Eine Unternehmerin aus Bremen hat die Brücke ersteigert, die jetzt, nachdem sie zweimal bereits über den Atlantik geschippert ist, von mir in meinem Atelier vollendet wird.
Die QM2 in Southampton
QUH: Das Schiff ist riesig, es fasst 2600 Passagiere. Kam sich der Hans zwischen Himmel und Wasser auch mal ganz klein vor? Oder geht auf so einem Schiff zwischen Captain's dinner und Fitnessraum das "große Gefühl“, das Kreatürliche, verloren? Vielleicht stellt sich das ja sogar eher auf dem SUP-Board auf dem Starnberger See ein?
Hans Panschar: Liebe Elke, es ist komplett anders als auf unserem SUP Board, ganz klar. Und es ist ganz anders als auf einem Segelboot, mit dem ich einen Teil des Weges auch schon mal gesegelt bin.
Trotzdem ist es etwas sehr Besonderes, du bist zehn Tage auf See, mit nur einem Stop in Southampton. Irgendwas passiert da mit dir, du bist unterwegs und trotzdem kannst du alles machen, was du sonst auch machst, oder du machst gar nichts oder du liest, oder, oder. Wenn man will, kann man mit sehr vielen, sehr unterschiedlichen Menschen sprechen.
QUH: Erzähl uns von deiner Flaschenpost. Was hast du verschickt und wie lief das ab?
Hans Panschar: Die Flaschenpost war ursprünglich mein künstlerisches Privatvergnügen, wurde dann aber von der ZEIT annektiert.
Wir haben dieses Jahr im Oktober das Thema "Flasche" bei den Ateliertagen, ich wollte die Reise damit irgendwie in Verbindung bringen. 10 Flaschen, in jeder Flasche eine Miniskulptur, die entweder einen Bezug zu meiner Arbeit oder zu der Reise hat, sowie zwei Briefe.
High noon
Jeden Seetag mittags um 12.00 trafen sich die Interessierten am Heck, der Künstler zeigte die Skulptur herum, erzählte was dazu, anschließend wurde die Flasche mit den Briefen versehen und versiegelt und von einem Auserwählten über Bord geworfen.
Greta vor New York
So hat zum Beispiel meine älteste Tochter Greta, die mich begleiten durfte, vor New York die Flasche mit dem Allmannshauser Kirchturm in Meer geworfen. Sie wurde in der Kirche getauft.
Messages in ten bottles
Es gibt jeweils die genaue Mittagsposition von der Brücke, dadurch kann ich dann eines Tages sehen, welche Flasche welchen Weg genommen hat. Das ist natürlich ein Langzeitprojekt, bei dem etwas Optimismus nicht schadet.
An einer Nordseeküste: Gerdie und Huub finden an ihrem Hochzeitstag eine der Flaschen
QUH: Ist denn schon irgendwo Post angekommen?
Hans Panschar: Ja. Gerdie und Huub aus Rotterdam haben ihren Hochzeitstag auf der Nordseeinsel Ameland verbracht. Gerdie wollte Muscheln suchen und hat dann die erste Flasche gefunden. Sie hat ganz süß alle Anweisungen in meinem Brief befolgt und mir ein Foto der Flaschenpost und eins von sich mit Flasche am Fundort geschickt.
Wieder in Allmannshausen: Hans Panschar
QUH: Bist du aus der großen Stadt wieder gerne ins kleine Dorf zurückgekehrt? Was bleibt von so einer Fahrt?
Hans Panschar: Sehr gerne. Je heißer, größer und lauter die Stadt, in der man war, umso schöner ist das Dorf, in das man zurück darf.
Mir bleiben viele schöne Erinnerungen mit netten Menschen und die Hoffnung, dass jederzeit irgendwo eine Flasche gefunden werden kann, von der ich dann per Mail oder per Post erfahren werde.
Außerdem baue ich gerade auf vielfachen Wunsch eine Flaschenpost-Edition 2014, so bleibt mir das Thema noch erhalten.
Es könnte auch sein, dass ich nächstes Jahr noch mal fahre, schließlich habe ich noch mehr Töchter, die noch niemals in New York waren.
QUH: Vielen Dank für das Gespräch, Hans!
Hans Panschar: Ahoi!
quh - 2014/08/05 09:43