König Ludwig II

Sonntag, 8. Juni 2014

Ein König stirbt: Folge 2 - der 8. Juni


Ein seltenes Bild aus glücklichen Tagen: der junge Ludwig II mit einem gefangenen Hecht in Hohenschwangau; Photo: Joseph Albert, 1861

Am Vormittag 8. Juni 1886 wird König Ludwig II., der um diese Uhrzeit auf Neuschwanstein gewöhnlich noch schlief, durch die Unterschriften von Dr. Gudden und drei schnell hinzugezogenen Kollegen unter ein nächtens verfasstes Gutachten im München offiziell für unheilbar geisteskrank erklärt.


Kein Königreich durch eine Unterschrift

"Die geistigen Kräfte seiner Majestät sind bereits dermaßen zerrüttet, daß alle und jede Einsicht fehlt, das Denken sich mit der Wirklichkeit in vollem Widerspruch sich befindet, das Handeln ein unfreies ist" - Neben der angeblichen Vernachlässigung der Regierungspflichten, der Menschenscheu, Aggression gegen die Dienerschaft aber auch einer "Überfreundlichkeit" im Umgang mit der Landbevölkerung werden auch einige phantastische Projekte wie das einer Ballonseilbahn samt Pfauenwagen über den Alpsee bei Hohenschwangau …

Animation der Ballonseilbahn © Prof. Dr. Gerd Hirzinger / VR-TECHNOLOGY, für die Ausstellung "Götterdämmerung. König Ludwig und seine Zeit"

… als Indiz einer "überwuchernden und die Schranken der Wirklichkeit und Möglichkeit ganz außer Acht lassende Phantasie" gewertet. Erst im Jahrzehnt darauf wurden freischwebende Seilbahnen entwickelt.


Georg Dollmann: Skizze einer Ballonseilbahn über den Alpsee(1870)

Prinz Luitpold setzt inzwischen den deutschen Kaiser Wilhelm I., sowie u.a. die Kaiser von Österreich und Rußland von der geplanten Entmündigung in Kenntnis. Schon Jahre zuvor hatte König Ludwig II. in einer Audienz dem amerikanischen Journalisten Lew Vanderpoole in einer Audienz erklärt: "Es wird oft hämisch angedeutet oder sogar offen erklärt, ich sei ein Narr. Vielleicht bin ich es, … Und doch zweifle ich daran, ob eine wirklich verrückte person sich so beobachten und prüfen könnte, wie ich es tue."

Ein ausführliches Portrait des seinerzeit durchaus angesehenen Arztes Dr. Gudden, der in den nächsten Tagen eine entscheidende Rolle in der bayerischen Politik und eine fatale für das Leben von Ludwig II. haben sollte, finden Sie im Blog bereits hier:

http://quh.twoday.net/stories/19472435/
Photo: Ebenfalls Hofphotograph Joseph Albert

Lesen Sie morgen, wie am 9. Juli eine "Fangkommission" nach Neuschwanstein aufbricht und der König dort nächtens Alarm schlägt.

Samstag, 7. Juni 2014

Ein König stirbt: Folge 1 - der 7. Juni

IMG_2970Am Pfingstsonntag des Jahres 1886 starb König Ludwig II. unter ungeklärten Umständen im Würmsee bei Berg. So vom Geheimnis umwittert der Tod selbst ist, so gut dokumentiert sind die letzten Tage des Königs. Deshalb beginnen wir heute im QUH-Blog eine kleine Reihe, die - beginnend am Pfingstsonntag bis zum 13. Juni - Tag für Tag die letzten Stunden des Königs dokumentiert.

Am 7. Juni, heute vor 128 Jahren tagte unter Leitung des Prinzregenten Luitpold der bayerische Ministerrat, der die Entmachtung des Königs vorantreiben will. Anlass sind die "finanzielle Bedrängnis der Königlichen Kabinettskasse" und "Ausschreitungen" des Königs, die "vom ethischen Standpunkte schrecklicher nicht gedacht werden könnten".

Ludwig II. Kopie eines Gemäldes nach Franz von Lenbach, Privatsammlung

Prinz Luitpold gibt daraufhin am Nachmittag des Tages offiziell ein (eigentlich schon seit März in Arbeit befindliches) Gutachten in Auftrag, das "aufgrund des zur Verfügung stehenden Materials nach vorgängiger Würdigung durch den Staatsmiister des Königlichen Hauses und des Äußeren ein pflichtgemäßes Gutachtendarüber abzugeben, ob seine Majestät der König als an der Ausübung der Regierung verhindert zu betrachten sei". Der beauftragte "Irrenarzt" Dr. Gudden hatte ausgesagt, dass eine persönliche Untersuchung des Königs weder ratsam noch notwendig sei.

König Ludwig selbst befindet sich am 7. Juni auf Neuschwanstein. Er bearbeitet Akten. Er soll an diesem Tag sogar noch einen zum Tode verurteilten begnadigt haben. Meist kommuniziert er mit seiner Umwelt aber nur noch mit Hilfe geschmierter Zettel, die er unter der Tür durchschiebt. Auf diesem steht geschrieben:

"Ruhe nicht bis Du Einen gefunden hast, der für 20 Mill. gut steht; das muß sein u. das verlange ich von Dir, wenn es nicht so gehen kann, wie du in der letzten zeit versucht hast. Ludwig"

(Abbildung aus aus: Götterdämmerung; Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2011)

Im unvollendeten Schloß Neuschwanstein sitzend, soll der König sogar einen Bankraub in Erwägung gezogen haben, um seine Immobilienträume zu realisieren. In der Todeswoche des Königs arbeitet der königliche Architekt Julius Hoffmann jedenfalls gerade an einem neuen Entwurf für den "Chinesischen Sommerpalast" des Königs, der am Nordostufer des österreichischen Plansees gebaut werden sollte.


Julius Joffmann, Der geplante chinesische Sommerpalast von Ludwig II.

Lesen Sie morgen in der Reihe "Ein König stirbt": ein Flugapparat und das umstrittene Gutachten

Die Rekonstruktion der letzten Tage von Ludwig II findet sich - ohne die hiesigen Abbildungen - genauer in dem grandiosen, faktenreichen Buch: "Ludwig II. - Die letzten Tage des Königs von Bayern" von Alfons Schweiggert und Erich Adami, München-Verlag.

Donnerstag, 15. Mai 2014

Der Tote vom Starnberger See: Mörder oder Opfer? - Dr. Gudden

Dr. Johann Bernhard Aloys von Gudden (1824 - 1886), einer der bekanntesten Psychiater seiner Zeit und die zweitbekannteste Wasserleiche des Starnberger Sees.

Leider nicht in Berg, sondern im Kloster Benediktbeuren wird heute eine Ausstellung über ihn eröffnet. Der Brauereibesitzersohn Dr. Bernhard von Gudden verfasste am 8. Juni 1886 das umstrittene Gutachten über die "Geisteskrankheit" von König Ludwig II und ertrank - soviel ist sicher - fünf Tage später zusammen mit seinem Untersuchungsobjekt im Starnberger See (damals Würmsee). Wir haben aus diesem Anlass den größten bayerischen Krimi in Bildern rekonstruiert.


Brachte die Ereignisse in Rollen: Das ärztliche Gutachten vom 8. Juni 1886


13. Juni; 18 Uhr 35: "Es darf kein Pfleger mitgehen." Dr. Gudden bedeutet dem Pfleger Mauder bei seinem Spaziergang mit dem König, zurückzubleiben. Das Gegenteil war vorgeschrieben. Der Arzt geht links vom König.

Der Arzt und der entmachtete König haben Mäntel und Schirme dabei. "Das Wetter ist schlecht, regnerisch und ziemlich windig", notiert der Hofkoch Theodor Hierneis, der das Abendessen vorbereitet: "Kraftbrühe, ein Omelette mit Bries und Brathuhn mit Spargelsalat, abschließend Aprikosenkompott". Währenddessen wandelt das ungleiche Pärchen im Schlossgarten Richtung Süden. Was an dem Abend weiter passiert, ist bis heute nicht ganz gesichert.


18 Uhr 50: Der König entledigt sich seines Mantels und seines Schirms … wahrscheinlich ist er - eventuell um zu flüchten - ins Wasser des Sees gerannt. Auf dem See waren den ganzen Tag trotz des schlechten Wetters Boote zu sehen. Sein Arzt könnte ihm - mit Mantel - gefolgt sein. (Das Bild gibt die Kleidungsstücke falsch wieder)


18 Uhr 53 und 40 Sekunden (oder 19 Uhr 24): die Uhr des Königs bleibt stehen. Pfleger Mauder hatte allerdings beobachtet, dass sie 30 Minuten nachging. Kam es zum Kampf zwischen dem 1,91 Meter großen, 2 Zentner schweren, alkoholisierten Ludwig II und seinem erheblich kleineren, 62-jährigen Leibarzt? - Auf der rechten Stirn des Arztes findet sich jedenfalls später ein blauer Fleck, der von einem Faustschlag stammen könnte. Sein Hut ist zerknüllt. Wie Ludwig und Gudden ums Leben kommen, ist unklar.


20 Uhr 06 und 25 Sekunden: die Uhr von Dr. Gudden bleibt infolge des Eindringens von Wasser stehen. Die diensthabenden Gendarmen Lauterbach, Klier und Lechl haben bereits mit der Suche nach den im Schloss Berg Vermissten begonnen.

In den folgenden Stunden beginnen alle verfügbaren Personen den Ex-König und seinen Arzt zu suchen. An der Südseite des Parks finden sich Wagenspuren. Um 22 Uhr 30 gibt es ein erstes Telegramm von Berg nach München: "Seine Majestät um ½ 7 mit Medizinalrat Dr. von Gudden im Park spazieren gegangen und bis zur Stunde nicht zurück. … Bitte um weitere Befehle." - Kurz darauf werden - ineinander steckend - der Mantel und das Jackett des Königs sowie sein Schirm und Hut im Wasser des Sees gefunden.


23 Uhr 10: Der "Leibfischer" des Königs, Jacob Lidl, findet zusammen mit dem Schlossverwalter Huber und dem Nervenarzt Dr. Müller die im See treibenden Leichen. Der Ex-König im Hemd. Die völlig bekleidete Leiche Guddens treibt "eine Tischlänge" dahinter.


24 Uhr: Nach langen Wiederbelebungsversuchen stellt Dr. Franz Carl Müller amtlich den Tod fest.

Die minütliche Rekonstruktion der letzten Tage von Ludwig II entnahmen wir dem grandiosen, faktenreichen Buch: "Ludwig II. - Die letzten Tage des Königs von Bayern" von Alfons Schweiggert und Erich Adami, München-Verlag. Jetzt schon ein Standardwerk!



Ein Portrait von Bernhard von Gudden findet sich im QUH-Blog hier:
http://quh.twoday.net/stories/19472435/

Die abenteuerliche Geschichte um den Berger Fischer Lidl hier:
http://quh.twoday.net/stories/die-moegliche-geschichte-vom-ableben-und-auffinden-koenig-ludwigs-ii/

Dienstag, 17. Dezember 2013

Die Geschichte vom plötzlichen Reichtum des Fischers Lidl

Der Berger Fischer Jakob Lidl, der sich nach dem Tode König Ludwigs II. rätselhafterweise ein Häuschen direkt am See in Unterberg leisten konnte und es noch bis zum Bürgermeister in unserer Gemeinde brachte, spielt in der Todesnacht von Ludwig II. am 13. Juni 1886 eine zentrale Rolle. Lidl war es, der die Leichname von Dr. Gudden und Ludwig fand … er könnte auch die zentrale Figur in einer geplanten Flucht des Königs aus seinem Schlossgefängnis in Berg gewesen sein. Sein Grab in Aufkirchen ist jedenfalls heute noch Wallfahrtsort all jener, die von einer Ermordung des Königs überzeugt sind.

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Als "unser" Ludwig II davon erfuhr, dass er für geisteskrank erklärt worden war, weilte er auf Neuschwanstein. Er begann mit seinem Flügeladjutanten, Alfred Graf Dürckheim-Montmartin, einen Fluchtplan zu erarbeiten. Dürckheim setzte sich sofort mit Fluchthelfern in Verbindung. Zu diesen gehörten in Seeshaupt die Posthalterin Anna Vogel, die die Durchfahrt seiner Kutsche an Kaiserin Elisabeth in Feldafing zu melden hatte. Freiherr Eugen Beck von Peccoz aus Eurasburg sollte rund um den See in Leoni, Ammerland, Ambach und Seeshaupt Fluchtkutschen postieren. Jakob Lidl würde den König im Schlosspark mit seinem Boot aufnehmen und zu einer dieser Kutschen bringen.

Ludwig wurde in der Nacht zum 12. Juni nach Berg gebracht. Dort war alles für die Unterbringung eines Geisteskranken vorbereitet. Die Fenster waren vergittert, Tür- und Fenstergriffe entfernt, Türen mit Gucklöchern versehen und die Kammerdiener durch Irrenwärter ersetzt. Trotzdem gelang es königstreuen Bediensteten, den ehemaligen König mittels unter die Teller geklebter Zettel von dem Plan zu unterrichten.

Ludwigs Leibfischer und Stegwart, Jakob Lidl aus Berg, der schon öfter mit dem Boot die heimlichen Briefe des Königs hinüber zu Sissi gebracht hatte, hatte die Aufgabe, abends in der Nähe des Ufers im Schlosspark in einem Kahn auf den König zu warten, um dem König die Flucht nach Tirol zu ermöglichen.

Am 13. Juni brach Ludwig in Begleitung von Dr. Gudden gegen 18:45 Uhr bekanntermaßen bei leichtem Sommerregen zu einem Spaziergang durch den Schlosspark auf. Dort wartete unweit des Ufers Jakob Lidl, damals 21 Jahre alt. Der Ex-König spurtete in den See, der Nicht-Schwimmer Gudden versuchte zu folgen. In dem Moment, als der König das Boot besteigen wollte, - so jedenfalls besagt es eine der vielen Theorien, die sich um diesen Moment ranken - fielen vom Ufer her zwei Schüsse … und der König sank leblos quer über das Boot. Schleifspuren auf dem Seegrund hätten das belegt.

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Skizze des Tathergangs des Bezirksbautechnikers Haertinger (vgl.: http://www.guglmann.de/deutsch/korrespondenz/120todestag.htm )

In Panik schob der Fischer den König ins Wasser und ruderte zurück zu seiner Fischerhütte. Dort wurde er später aufgefordert, den Suchtrupp für den vermissten Ludwig und seinen Begleiter zu unterstützen und von seinem Kahn aus das Ufer abzusuchen. Nachdem die Leiche gefunden war - Lidl wusste ja, wo er suchen musste - wurde diese allerdings nicht ins Schloss gebracht, sondern erst mehrere Stunden im Bootshaus des Fischers (heute Seestraße 11) verwahrt.

Dem entspricht die angeblich durch einen Zeugen, der bei der Verbrennung der durchlöcherten Königskleider anwesend war, gestützte Theorie ( http://www.sueddeutsche.de/bayern/tod-koenig-ludwigs-ii-zwei-kugeln-in-die-lunge-1.180798 ), dass König Ludwig durch Schüsse in die Lunge umgekommen sei.

Jakob Lidl wurde noch in der Todesnacht mit Geld und Drohungen zum Schweigen gebracht, ihm selbst möglicherweise die Einlieferung in die Psychiatrie angedroht. Lidl hielt sich auch Zeit seines Lebens an sein Schweigegelübde. Er hat nie etwas von dieser Nacht erzählt. Nur der Spruch: „Es wäre leicht gewesen, mich nach Haar zu bringen!", ist überliefert.

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So viel ist sicher: Jakob Lidl findet zusammen mit dem Schlossverwalter Huber und dem Nervenarzt Dr. Müller die im See treibenden Leichen des Ex-Königs und von Dr. Gudden

Hartnäckig hält sich hingegen das Gerücht, Lidl, der sich 1993 ein Haus direkt am See baute, habe in einem Schulheft seine Erinnerungen an die Nacht des 13. Juni 1886 festgehalten. Von diesem Heft habe dessen Witwe Paula ihrem späteren zweiten Mann, dem Fischermeister Martin Mertl, berichtet und dieser wiederum sein Wissen dem Gründer des „Vereins zur Wiedererrichtung eines Denkmals für Ludwig II. e.V.", Albert Widemann weiter gegeben. Widemann selbst hat das Heft nicht zu sehen bekommen, und seit dem Tod Mertls im Jahr 1963 gilt es als verschollen. Manche behaupten, es könnte in Lidls Grab in Aufkirchen liegen.

Und somit lassen sich diese Ausführungen leider doch nicht mit den Worten „quod erat demonstrandum“ abschließen.

Wenn Sie wissen wollen, wem dieser Briefkasten gehört, dann klicken Sie hier.

Dienstag, 3. Dezember 2013

Die Geschichte vom König, der Zarin und der Frau Graf

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Berg am 27. September 1868

Berg war als Regierungssitz der Wittelsbacher lange Zeit Mittelpunkt eines ausschweifenden Lebens, mondäner Empfänge, dekadenter Feste.
zarin Am 27. September 1868 besuchte die an Tuberkulose erkrankte, russische Zarin Maria Alexandrowna ihren um viele Ecken verwandten Neffen König Ludwig II. in Berg. Es sollte das letzte ganz große Fest in unserer Gemeinde werden. Die beiden hatten das Diner zusammen auf der Roseninsel eingenommen. Die mit ihrem Leben sonst nicht ganz so glückliche Zarin schwärmte da schon, dass dies "das poetischste Essen ihres Lebens" gewesen sei ... zurück in Berg erwartete sie eines der prunkvollsten Schauspiele, das sie und diese Landschaft je erlebt hatten. Zwei Dampfmaschinen spuckten riesige Fontänen über den See. Im Schloss Berg war alles mit Rosen und Kamelien geschmückt und der Zarin war extra ein goldener Salon gebaut worden. Rund um den Schlosspark und überall im See schwammen weiß-blau drapierte Flöße mit Fahnen, von denen das Feuerwerk abgefeuert werden sollte. Zu einer dieser schwimmenden Inseln führte vom Schloss aus über das Wasser ein mit Teppichen und frischen Rosen geschmückter Steg. Ganz Berg war in Aufruhr. Auch Oskar Maria Grafs Mutter Therese war Zeugin dieses Ereignisses und sie dürfte es ihrem Sohn Oskar öfters erzählt haben, der es dann in "Das Leben meiner Mutter" so schildert:

"Ein ununterbrochenes Jubeln und Singen und Klingen erfüllte den ganzen Tag. Wenn der Gesang oder eine Musikkapelle an einer Stell abbrach, fingen sie woanders an. Es war als töne das ganze Seerund, als jauchze die festliche Landschaft zum Himmel empor.

1934_3Berg und Schloß waren der vielbestaunte, erregende Mittelpunkt. (…) Von hier aus wollten sich Zarin und König mit ihrem nächsten Gefolge das nächtliche Feuerwerk ansehen, dessen riesiges Ausmaß alles bisher Dagewesene überbieten sollte. (…) Drunten am Ufer des Sees - hüben und drüben gleicherweise - standen dichtgedrängte Menschenmassen und schauten gebannt auf das Schauspiel, dass ihnen vom König geboten wurde.
" Das Feuerwerk beginnt. "Staunendes Beifalljubeln, Musik, Krachen und Prasseln, Funkeln und Leuchten vermischten sich zu einem magisch belebten Zauberbild."

Und dann scheint Berg abzuheben und gen Himmel zu fahren: "Zeitweise schien es, als sei der ganze weite, festliche Landstrich von der schweren dunklen Erde losgelöst und schwebe langsam als unwirklich strahlende Insel zum Himmel empor." Ja, solche Feste waren das damals.

(Bilder: König Ludwig und Zarin Maria Alexandrowna / Franz Xavier Winterhalter. "Marie von Hessen Darmstadt als Kaiserin" (1857) / Therese Graf um ca. 1934)

Wenn Sie wissen wollen wem der Briefkasten gehört, dann klicken Sie hier.(QUH-Listenplatz 16)

Dienstag, 5. November 2013

100 Jahre König Ludwig III

Es könnte sein, dass wir eigenartigerweise die Einzigen sind, die sich heute daran erinnern, dass exakt vor 100 Jahren, am 5. November 1913 König Ludwig III. zum König von Bayern ausgerufen wurde. Ludwig III.?

LudwigIII
Mehr Orden als Brust: König Ludwig III. (1845 - 1921), der letzte König von Bayern im Photoatelier Elvira

Ludwig der III. war - nach 738 Jahren Herrschaft der Wittelsbacher - der letzte König von Bayern. Er wurde nach der Bayerischen Revolution von 1918 durch die Räterepublik abgesetzt (dazu in den nächsten Tagen mehr). Er ist der Urgroßvater von Luidpold Prinz von Bayern.

Auf den Thron kam Ludwig III. etwas ungewöhnlich. Bei seiner Amtseinsetzung durch den Bayerischen Ministerrat war nominell nämlich noch sein geisteskranker, regierungsunfähiger Cousin Otto I. im Amt, sodaß Bayern kurzzeitig sogar zwei Könige hatte.

Von König Ludwig III. weiß man, dass er gerne in München in der Türkenstraße in seine Kneipe ging. 1871 hatte er erfolglos für die Bayerische Patriotenpartei kandidiert. Vom Volk wurde er wegen seiner landwirtschaftlichen Neigungen "Millibauer" genannt wurde. Als der Weltkrieg ausbrach, solidarisierte sich Ludwig III. sogleich mit Kaiser Wilhelm, forderte aber - ganz in bayrischer Großmannssucht - im Falle eines Sieges Belgien und den Elsass als bayrisches Staatsgebiet. Dazu ist es aus verschiedenen Gründen nicht gekommen. Anders als im Falle von Ludwig II. sind heute in Berg auch keine royalistischen Ausschreitungen zu befürchten.

Sonntag, 16. Juni 2013

Hauptsache tot! War Ludwig II. Pleitier, Geisteskranker oder Mörder?

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Er lebt! (heute, 16. Juni 2013, im Schloßpark)

Die Bundesrepublik ist - anders als etwa die Türkei - eine einigermaßen funktionierende Demokratie. Diesen Satz muss man sich in Berg jedes Jahr Mitte Juni in Erinnerung rufen, wenn die "Vereinigung Ludwig II. Deine Treuen" für einen mutmaßlichen Mörder in den Berger Schlosspark zur gespenstischen Gedenkmesse bittet.

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Verbotener Blick hinter die Kulissen ins Allerheiligste der Berger Votivkapelle, wo ein von den bayerischen Behörden für geisteskrank erklärter, ehemaliger totalitärer Machthaber kultisch verehrt wird

Wir erinnern uns: am 13. Juni vor 127 Jahren brachte ein von den Behörden für geisteskrank erklärter, ehemaliger absolut herrschender Machthaber mit geheimnisumwittertem Sexualleben wahrscheinlich seinen Arzt, den angesehenen Reform-Psychiater Dr. Gudden um, und ertrank dann unter ungeklärten Umständen im Starnberger See (die QUH gedenkt des Mordopfers Dr. Gudden hier: http://quh.twoday.net/stories/19472435/ ). Aber nicht des toten Arztes, der seine Pflicht tat, gedenken die Horden, die heute wieder in den Schlosspark einmarschierten, sondern des mutmaßlichen Täters: König Ludwig II., der zuvor den ganzen Freistaat mit seinen ungenehmigten Privatbauten an den Rand des Staatsbankrotts geführt hatte.

Sagen wir es so: Wenn diese Herren nicht Uniform und Stichwaffen, sondern Lederjacke und Irokesenschnitt tragen würden ...

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Abmarsch im Gleichschritt

... und man nicht eines spinnerten Kini, sondern eines alten bayerischen Anarchisten gedenken würde, würde die Veranstaltung vom Verfassungsschutz beobachtet, ... was man allerdings auch so in Erwägung ziehen sollte, denn nach allem, was heute im Schlosspark im Vorbeigehen an Gesprächsfetzen aufgeschnappt werden konnte, könnte es sich bei dem Aufmarsch in der Tat um eine verfassungsfeindliche, antidemokratische Demonstration handeln.

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Seltenes Portrait des Ex-Machthabers (Berger Privatsammlung /© QUH)

Der QUH-Blog ist auch ein Organ der Ludwig-Forschung. Siehe rechts an der Seite das Unterthema "Ludwig II". Alles über die piktorale Hagiographie des Königs findet sich beispielsweise hier: http://quh.twoday.net/stories/koenig-ludwig-die-erste-verfilmung/ . Einiges über seine letzte Tat und seine generelle Neigung hier: http://quh.twoday.net/stories/koenig-ludwig-als-moerder/ . Alles zum Thema, auch über Ludwigs Faszination an Horrorliteratur, hier: http://quh.twoday.net/topics/König+Ludwig+II/

Samstag, 22. Dezember 2012

König Ludwig - die erste Verfilmung

Die vielleicht wirklich älteste Photographie aus unserer Gemeinde zeigt natürlich das berühmteste Gebäude von Berg: das letzte im Familienbesitz sich befindliche Schloss der Wittelsbacher, Schloss Berg in Unterberg, der bevorzugte Wohnort von König Ludwig II. und der Ort seines Todes.

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Schloss Berg um 1886 (dem Todesjahr von König Ludwig II); Photo von Joseph Albert

Anders als bei fast allen historischen Photos unserer Reihe ist bei dieser Aufnahme, die mit Sicherheit noch zu Lebzeiten des Königs entstanden ist, der Photograph bekannt: Es handelt sich um den ausgebildeten Chemiker Joseph Albert (1825-1886), der nicht nur der Hofphotograph des Berger Königs Ludwig, sondern auch ein berühmter Photopionier war. Sogar ein spezielles Lichtdruckverfahren, die Albertotypie, wurde nach ihm benannt.

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Joseph Albert, Hofphotograph um 1850 (Photo: Alois Löcherer)

Nicht aus Berg, sondern aus Hohenschwangau stammt eine Aufnahme, die zeigt, welcher Aufwand Mitte des vorletzten Jahrhunderts betrieben werden mußte, um solche Photos wie das obige entstehen zu lassen.

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Joseph Albert photographiert im Auftrag des Königs Hohenschwangau

Joseph Albert ist der erste, der König Ludwig buchstäblich "verfilmt" hat. Von ihm stammt die Mehrzahl aller bekannten König Ludwig Portraits. Das gilt für frühe, offizielle Portraits des jugendlichen Kronprinzen ...

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Kronprinz Ludwig von Bayern im Bergwald am 14. Mai 1861. Photo: Joseph Albert

... ebenso wie für scheinbar lockere Schnappschüsse des jugendlichen Dandys:

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König Ludwig II. in Zivil 1862. Photo: Joseph Albert

Egal ob Ludwig steif in Uniform posiert ...

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König Ludwig II. in der Uniform des bayerischen Infanterie-Leibregiments 1864. Photo: Joseph Albert

... oder leger, fast wie auf einem Schnappschuss im bürgerlichen Anzug:

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Kronprinz Ludwig in Profilansicht 1863. Photo: Joseph Albert

Ob er als König mit Hermelin ...

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König Ludwig II. in Generalsuniform mit Krönungsmantel 1877. Photo: Joseph Albert

... oder als Privatier mit Zigarette vor der Kamera posiert:

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König Ludwig in Zivil 1868. Photo: Joseph Albert

Ob jung und nett ...

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Portrait König Ludwig II. 1865 Joseph Albert

... oder alt und fett, kurz vor seinem Tod.

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Das letzte Portrait von König Ludwig II. Photographie von Joseph Albert, München 1886

Bei all diesen Photos (und vielen, vielen mehr), über ein Vierteljahrhundert hinweg, heißt der Photograph stets Joseph Albert. Er hat damit den ersten (und den einzig wahren) Film über das Leben von König Ludwig auf Film und Glasplatten gebannt.

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